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Allgemeinverfügung des Landkreises Marburg-Biedenkopf zum Schutz gegen die Geflügelpest

13.12.2022

Aufgrund der amtlichen Feststellung des Ausbruchs der Geflügelpest in einem Geflügelbestand in der Stadt Bad Laasphe am 03.12.2022 ergeht folgende Allgemeinverfügung

Aufgrund der amtlichen Feststellung des Ausbruchs der Geflügelpest in einem Geflügelbestand in der Stadt Bad Laasphe am 03.12.2022 ergeht folgende

Allgemeinverfügung

I. Gebietsfestlegung

Um den betroffenen Ausbruchsort wird eine Sperrzone eingerichtet. Die Sperrzone umfasst eine Schutzzone (ehemals Sperrbezirk) mit einem Mindestradius von 3 km um den betroffenen Ausbruchsort und eine Überwachungszone (ehemals Beobachtungsgebiet) mit einem Mindestradius von 10 km um den betroffenen Ausbruchsort. 

1. Die Schutzzone ist in dem folgenden Kartenausschnitt als rote Linie dargestellt:

Die diese Verfügung betreffende Überwachungszone erstreckt sich von der Landkreisgrenze innerhalb der blauen Kreismarkierung bis zur innerhalb der Landkreisgrenze liegenden blau markierten Kreislinie.

2. Die Überwachungszone ist in dem folgenden Kartenausschnitt als blaue Linie dargestellt:

Die diese Verfügung betreffende Überwachungszone erstreckt sich von der Landkreisgrenze innerhalb der blauen Kreismarkierung bis zur innerhalb der Landkreisgrenze liegenden blau markierten Kreislinie.

II. Anordnungen für die Sperrzone (Schutz- und Überwachungszone)

1. Halter von Vögeln haben meiner Behörde unverzüglich

  1. die Anzahl der gehaltenen Vögel (bei Geflügel kann die Zahl der Tiere geschätzt werden) unter Angabe ihrer Nutzungsart und ihres Standortes und
  2. die Anzahl der verendeten gehaltenen Vögel sowie jede Änderung anzuzeigen.
  3. die Anzahl der erkrankten, insbesondere fieberhaft erkrankten Vögel sowie
  4. jeglichen Anstieg der Morbidität und/oder Mortalität (gesteigerte Todesrate) sowie jeglichen signifikanten Rückgang der Produktionsdaten

zu melden. 

2. Vogelhalter haben eine zusätzliche Überwachung im Betrieb durchzuführen, indem die gehaltenen Vögel einmal am Tag auf Veränderungen zu prüfen sind (Krankheitsanzeichen, insbesondere Fieber, gesteigerte Todesrate, signifikanter Rückgang der Produktionsdaten). 

3. Vogelhalter haben funktionsfähige Desinfektionsmöglichkeiten an den Ein- und Ausgängen der Ställe oder sonstigen Standorte einzurichten. 

4. Halter von Vogelhalter haben sicher zu stellen, dass

  1. die Anzahl der gehaltenen Vögel (bei Geflügel kann die Zahl der Tiere geschätzt werden) unter Angabe ihrer Nutzungsart und ihres Standortes und
  2. die Anzahl der verendeten gehaltenen Vögel sowie jede Änderung anzuzeigen.

5. Vogelhalter haben tagesaktuelle Aufzeichnungen über alle Personen, die den Betrieb besuchen zu führen und diese meiner Behörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. 

6. Ganze Körper oder Teile toter wildlebender und gehaltener Vögel aus der Sperrzone sind über SecAnim Südwest GmbH (Außerhalb 5, 68623 Lampertheim) in einer für die Verarbeitung oder Beseitigung im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 zu diesem Zweck zugelassenen Anlage zu beseitigen. Bei der Verbringung ganzer Körper oder von Teilen toter wildlebender und gehaltener Vögel aus der Sperrzone sind die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 einzuhalten. Die Verbringung ist meiner Behörde anzuzeigen. 

7. Vogelhalter haben die Besuche ihres Betriebs durch meine Behörde zu unterstützen und zu dulden. 

8. Probenahmen in den Betrieben in der Sperrzone, in denen Vögel gehalten werden, die anderen Zwecken dienen, als das Auftreten der betreffenden Seuche der Kategorie A zu bestätigen oder auszuschließen, bedürfen einer Genehmigung meiner Behörde. 

9. Folgende Tätigkeiten sind in der Sperrzone verboten:

  1. Verbringung gehaltener Vögel aus Betrieben in der Sperrzone,
  2. Verbringung gehaltener Vögel in Betriebe in der Sperrzone,
  3. Aufstockung von Wildvogelbeständen,
  4. Messen, Märkte, Tierschauen und andere Zusammenführungen von gehaltenen Vögeln, einschließlich Abholung und Verteilung von Vögeln,
  5. Verbringung von Bruteiern aus Betrieben in der Sperrzone,
  6. Verbringung von Schlachtnebenerzeugnissen gehaltener und wildlebender Vögel aus Schlachthöfen oder Wildbearbeitungsbetrieben in der Sperrzone,
  7. Verbringung von anderen tierischen Nebenprodukten als ganzen Körpern oder Teilen toter gehaltener Vögel aus Betrieben in der Sperrzone (z.B. Gülle, einschließlich Mist und benutzter Einstreu, Federn)

10.  Gehaltene Vögel und Erzeugnisse dürfen nur nach meiner vorherigen Genehmigung und nur entsprechend meiner Anweisung in der Sperrzone verbracht werden. Geplante Verbringungen innerhalb der Sperrzone oder aus dieser heraus sind meiner Behörde zu melden. 

III. Sofortige Vollziehung 

Die sofortige Vollziehung dieser Allgemeinverfügung wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im überwiegend öffentlichen Interesse angeordnet. 

IV. Inkrafttreten

Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben. 

Begründung
I.

Am 03.12.2022 wurde von der zuständigen Veterinärbehörde des Landrates des Kreises Siegen-Wittgenstein der Ausbruch der Geflügelpest im Sinne des Artikel 9 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2020/689 vom 17. Dezember 2019 in der aktuell gültigen Fassung bei einem gehaltenen Vogel in einem Geflügelbestand in Bad Laasphe amtlich festgestellt.

Die Aviäre Influenza (von lat. avis, Vogel), umgangssprachlich auch Vogelgrippe genannt, ist eine durch Viren ausgelöste hochansteckende Infektionskrankheit, die ihren natürlichen Reservoirwirt im wilden Wasservogel hat und zu schweren klinischen Erkrankungen bis hin zum Tod der infizierten Tiere führt. Alle Geflügelarten, aber auch viele Zier- und Wildvogelarten sind hochempfänglich für die Infektion. Bei Hühnern und Puten können innerhalb weniger Tage bis zu 100 % der Tiere erkranken und sterben. Enten und Gänse erkranken oftmals weniger schwer, die Krankheit führt bei diesen Tieren nicht immer zum Tod und kann bei milden Verläufen gänzlich übersehen werden. Das führt zu hohen Leiden und Schäden bei diesen Tieren. Die wirtschaftlichen Verluste sind ebenfalls hoch. Kranke Tiere scheiden den Erreger massenhaft mit dem Kot sowie mit Schleim oder Flüssigkeit aus Schnabel und Augen aus. Bei direktem Kontakt stecken sich andere Tiere durch Einatmen oder Aufpicken von virushaltigem Material an. Auch Eier, die von infizierten Tieren gelegt werden, können virushaltig sein. Kranke oder an Geflügelpest verendete Tiere sowie deren Ausscheidungen, insbesondere der Kot, stellen somit Infektionsquellen dar. Die Verbreitung auf andere Bestände erfolgt durch den Tierhandel oder indirekt durch kontaminierte (verunreinigte) Fahrzeuge, Personen, Geräte, Verpackungsmaterial oder Ähnliches.

II.

Die in der Verordnung (EU) 2016/429 des europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 festgelegten seuchenspezifischen Bestimmungen zur Bekämpfung von Seuchen gelten gemäß Artikel 5 für gelistete Seuchen und gemäß Artikel 8 dieser Verordnung für gelistete Arten.

Bei der Geflügelpest handelt es sich gemäß Artikel 5 Abs. 1 Buchst. a Ziffer iv der Verordnung (EU) 2016/429 in der aktuell gültigen Fassung um eine gelistete Seuche, die gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2016/429 i. V. m. der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 vom 3. Dezember 2018 in der aktuell gültigen Fassung der Kategorie A zugeordnet wird. Unter der Kategorie A sind Seuchen gelistet, die normalerweise nicht in der EU auftreten und für die unmittelbaren Tilgungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, sobald sie nachgewiesen werden. Somit sind die in der Verordnung (EU) 2016/429 festgelegten seuchenspezifischen Bestimmungen im Falle des Verdachts auf oder der amtlichen Bestätigung der Geflügelpest bei den in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 gelisteten Arten (Aves) anzuwenden. 

Zu Ziffern I.1 und I.2: 

Gemäß Artikel 60 Buchst. b und Artikel 64 Abs. 1 der Verordnung 2016/429 i. V. m. Artikel 21 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 vom 17. Dezember 2019 in der aktuell gültigen Fassung richtet die zuständige Behörde bei Ausbruch einer Seuche der Kategorie A in einem Betrieb, Lebensmittel- und Futtermittelunternehmen, Betrieb für tierische Nebenprodukte oder an sonstigen Orten eine Sperrzone ein. Diese Sperrzone umfasst gemäß Artikel 21 Abs. 1 Buchst. a und b i. V. m. Anhang V der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 eine Schutzzone mit einem Mindestradius von 3 km und eine Überwachungszone mit einem Mindestradius von 10 km um den Ausbruchsort. Bei der Festlegung der Sperrzone wurden das Seuchenprofil, die Witterungsverhältnisse, ökologische und hydrologische Faktoren, die Ergebnisse durchgeführter epidemiologischer Untersuchungen, die Ergebnisse von Labortests, die geografische Lage, Strukturen des Handels und der örtlichen Geflügelhaltung, das Vorhandensein von Schlachtstätten und Verarbeitungsbetrieben für Material der Kategorie 1 oder 2 nach Artikel 24 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, natürlichen Grenzen sowie Überwachungsmöglichkeiten berücksichtigt. Artikel 21 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 sieht zwingend vor, dass im Falle des Ausbruchs der Geflügelpest eine Sperrzone festzulegen ist. Um ein Verbreiten dieser Krankheit wirksam zu verhindern ist der unter den Ziffern I.1 und I.2 festgelegte Gebietszuschnitt im Interesse einer wirkungsvollen Seuchenbekämpfung anzuordnen. Ferner wird die festgelegte Sperrzone auch der Größenanforderung aus Artikel 21 Abs. 1 Buchst. a und b i. V. m. Anhang V der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 (Radius von mindestens drei bzw. zehn Kilometern um den Ausbruchsort) gerecht. 

Zu Ziffern II. 1 Buchst. a und b.: 

Gemäß Artikel 22 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 erstellt die zuständige Behörde unverzüglich ein Verzeichnis aller in der Sperrzone befindlichen Betriebe, in denen Tiere gelisteter Arten gehalten werden, unter Angabe der Arten, Kategorien und der Anzahl der Tiere in jedem Betrieb und hält dieses auf dem neuesten Stand. Die unter Ziffer II.1. Buchst. a und b getroffenen Anordnungen sind erforderlich, damit das von meiner Behörde zu führende Verzeichnis erstellt und auf aktuellem Stand gehalten werden kann.  

Zu Ziffern II. 1 Buchst. c bis 6:

Gemäß Artikel 25 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 ordnet die zuständige Behörde unverzüglich die unter den Ziffern II. 1 Buchst. c bis 6 getroffenen Anordnungen in Betrieben in der Schutzzone, in denen Tiere gelisteter Arten gehalten werden, an. Gemäß Artikel 40 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 ordnet die zuständige Behörde die unverzügliche Anwendung der in Artikel 25 vorgesehenen Maßnahmen in allen Betrieben in der Überwachungszone an, in denen Tiere gelisteter Arten gehalten werden. Somit waren diese Maßnahmen sowohl für vogelhaltende Betriebe in der Schutz-, als auch in der Überwachungszone anzuordnen, um die Vorgaben des Artikels 25 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 zu erfüllen. Gemäß Artikel 23 Buchstabe c) der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 kann die zuständige Behörde Ausnahmen hinsichtlich der Maßnahmen zur Anwendung in den Sperrzonen gewähren, falls der Ausbruch in einem Betrieb mit bis zu 50 in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln stattfindet. Demgemäß werden nach Durchführung einer Risikobewertung nicht alle gemäß Artikel 25 vorgesehenen Maßnahmen angewendet.  

Zu Ziffern II. 1 Buchst. c und d. und II.2.: 

Gemäß Artikel 25 Abs. 1 Buchst. b der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 ordnet die zuständige Behörde unverzüglich die Durchführung einer zusätzlichen Überwachung an, um eine etwaige weitere Ausbreitung der Seuche der Kategorie A auf die Betriebe festzustellen, einschließlich hinsichtlich eines etwaigen Anstiegs der Morbidität oder Mortalität oder eines signifikanten Rückgangs der Produktionsdaten; jeglicher Anstieg oder Rückgang wird der zuständigen Behörde unverzüglich gemeldet. Die Geflügelpest ist eine hoch akut verlaufende Viruserkrankung, welche für die betroffenen Tiere meist tödlich endet. Die Tiere haben hohes Fieber und es kommt zu einem drastischen Rückgang der Legeleistung. Die getroffenen Anordnungen waren somit erforderlich, um die Anforderungen an die zusätzliche Überwachung zu erfüllen und eine Ausbreitung der Geflügelpest frühzeitig festzustellen. Zudem sind Unternehmer gemäß Artikel 24 der Verordnung (EU) 2016/429 verpflichtet, die Gesundheit und das Verhalten ihrer Tiere zu beobachten sowie jegliche Veränderung der normalen Produktionsparameter in den Betrieben, bei den Tieren oder dem Zuchtmaterial in ihrem Zuständigkeitsbereich, bei der der Verdacht entstehen könnte, dass sie durch eine gelistete Seuche verursacht wird. Außerdem müssen die Unternehmer gemäß Art. 24 Buchst. c auf eine anormale Mortalität und andere Anzeichen einer schweren Krankheit bei den Tieren achten.  

Zu Ziffer II.3: 

Gemäß Artikel 4 Nr. 27 der Verordnung (EU) 2016/429 ist ein Betrieb jedes Betriebsgelände bzw. jede Räumlichkeit, Struktur oder im Fall der Freilandhaltung jede Umgebung oder jeder Ort, in der bzw. an dem, vorübergehend oder dauerhaft Tiere gehalten werden, bzw. Zuchtmaterial vorgehalten wird. Das Bereitstellen von Desinfektionsmöglichkeiten an den Ein- und Ausgängen der Ställe oder sonstigen Standorte ist zudem erforderlich, um die in Ziffer II. 4 getroffene Anordnung umzusetzen. 

Zu Ziffer II. 4 

Gemäß Artikel 25 Abs. 1 Buchst. e der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 ordnet die zuständige Behörde unverzüglich die Anwendung geeigneter Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren hinsichtlich aller Personen, die mit gehaltenen Tieren gelisteter Arten in Berührung kommen oder den Betrieb betreten oder verlassen an, um jegliches Risiko einer Ausbreitung der betreffenden Seuche der Kategorie A zu vermeiden. Die unter Ziffer II. 4 getroffenen Anordnungen sind somit erforderlich, um die Vorgaben des Artikel 25 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 zu erfüllen und eine wirksame Seuchenbekämpfung zu gewährleisten. 

Zu Ziffer II.5: 

Gemäß Artikel 25 Abs. 1 Buchst. f der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 ordnet die zuständige Behörde unverzüglich das Führen von Aufzeichnungen über alle Personen, die den Betrieb besuchen, und deren regelmäßige Aktualisierung an zu dem Zweck, die Seuchenüberwachung und -bekämpfung zu erleichtern und sie der zuständigen Behörde auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Die Anordnung unter Ziffer II.5 setzt diese Anforderung um. 

Zu Ziffer II. 6: 

Gemäß Artikel 25 Abs. 1 Buchst. g der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 ordnet die zuständige Behörde unverzüglich die Beseitigung ganzer Körper oder von Teilen toter oder getöteter gehaltener Tiere gelisteter Arten gemäß Artikel 22 Abs. 3 an. Gemäß Artikel 22 Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 ordnet die zuständige Behörde an und führt Aufsicht darüber, dass sämtliche Verbringungen ganzer Körper oder von Teilen toter wildlebender und gehaltener Tiere gelisteter Arten aus der Sperrzone für die Verarbeitung oder Beseitigung im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 in einer zu diesem Zweck zugelassenen Anlage bestimmt sind. Die Anzeige der Verbringung ist erforderlich, damit meine Behörde ihrer Verpflichtung, die Verbringungen zu beaufsichtigen, erfüllen kann. Somit waren die in Ziffer II. 6 getroffenen Anordnungen erforderlich, um die Vorgaben der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 zu erfüllen. 

Zu Ziffer II.7 

Gemäß Artikel 65 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2016/429 i. V. m. Artikel 26 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 stellt die zuständige Behörde sicher, dass alle Betriebe im Sinne des Artikels 25 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 (Betriebe in der Schutzzone) sobald wie möglich und ohne ungerechtfertigte Verzögerung nach der amtlichen Bestätigung des Ausbruchs einer Seuche der Kategorie A mindestens einmal von amtlichen Tierärzten besucht werden. Weitere tierärztliche Besuche kann die zuständige Behörde in den Betrieben der Schutzzone zur Weiterverfolgung der Situation gemäß Artikel 26 Abs. 3 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 fordern. 

Gemäß Artikel 41 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 stellt die zuständige Behörde sicher, dass Betriebe in der Überwachungszone, in denen Tiere gelisteter Arten gehalten werden, stichprobenartig von amtlichen Tierärzten im Einklang mit Artikel 26 und Anhang I Abschnitt A.3 besucht werden. Um die mindestens einmalige Durchführung der Besuche in der Schutzzone sowie die stichprobenartige Durchführung in der Überwachungszone im Einklang mit Artikel 26 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 sicherzustellen, war die unter Ziffer II.7 getroffene Anordnung erforderlich. 

Zu Ziffer II.8: 

Die Anordnung unter Ziffer II.8 war zwingend zu treffen, um die Anforderung gemäß Artikel 22 Abs. 7 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 erfüllen zu können.  

Zu Ziffer II.9 Buchst. a bis h: 

Gemäß Artikel 27 Abs. 1 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 verbietet die zuständige Behörde im Einklang mit der Tabelle in Anhang VI Tätigkeiten, einschließlich Verbringungen innerhalb oder aus der bzw. in die Schutzzone, die Tiere gelisteter Arten und Erzeugnisse davon sowie sonstige Materialien betreffen. Gemäß Artikel 42 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 wendet die zuständige Behörde diese Verbote auch in der Überwachungszone an. Gemäß Artikel 23 Buchstabe c) kann die zuständige Behörde Ausnahmen hinsichtlich der Maßnahmen zur Anwendung in den Sperrzonen gewähren, falls der Ausbruch in einem Betrieb mit bis zu 50 in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln stattfindet. Demgemäß werden nach Durchführung einer Risikobewertung nicht alle gemäß Artikel 25 vorgesehenen Maßnahmen angewendet. 

Die unter Ziffer II.9 getroffenen Anordnungen waren nach Risikobewertung zwingend erforderlich.  

Zu Ziffer II.10: 

Die Anordnung unter Ziffer II.10 war zwingend zu treffen, um die Anforderung gemäß Artikel 66 der Verordnung (EU) 2016/429 zu erfüllen.   

Zu Ziffer III:  

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Verfügung beruht auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686). Die Anordnung ist im öffentlichen Interesse notwendig, um eine Verschleppung des Seuchenerregers zu verhindern. Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hoch ansteckende Erkrankung, die neben Tierverlusten hohe wirtschaftliche Einbußen der betroffenen Betriebe verursacht. Aufgrund der starken Ausbreitungstendenz der Geflügelpest ist zu befürchten, dass Geflügelbestände oder sonstige Vogelhaltungen im Umkreis des bereits infizierten Geflügelbestandes ebenfalls bereits infiziert sind oder infiziert werden könnten. Ohne die sofortige Geltung der für eine Sperrzone normierten Regelungen steigt die Gefahr, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet und dadurch erhebliche Schäden verursacht werden. Dies kann jedoch im öffentlichen Interesse an einer effektiven und schnellen Tierseuchenbekämpfung nicht hingenommen werden. Angesichts der Möglichkeit, dass aufgrund des Seuchengeschehens rigorose Handelsbeschränkungen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland oder Teilen davon verhängt werden, was massive volkswirtschaftliche Schäden und Existenzgefährdungen Einzelner zur Folge haben könnte, sowie der Möglichkeit, dass für eine Vielzahl von Tieren erhebliche Gesundheitsgefahren drohen, kann sich die Behörde nicht auf die aufschiebende Wirkung etwaiger Rechtsbehelfe und der damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen hinsichtlich der Bekämpfung der Tierseuche einlassen. Nur wenn die angeordneten Maßnahmen sofort und umfassend greifen, kann das Risiko der Übertragung der Tierseuche begrenzt werden. Private Interessen, die der Anordnung der sofortigen Vollziehung entgegenstehen, müssen daher zurückstehen. Diese Anordnung ist verhältnismäßig und greift nicht unzulässiger Weise in schützenswerte Rechtsgüter ein. 

Zu Ziffer IV:

Gemäß § 41 Abs. 4 S. 3 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) in der aktuell gültigen Fassung gilt der Verwaltungsakt zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. Gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 HVwVfG kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden. Da der Verwaltungsakt gemäß § 43 Abs. 1 HVwVfG in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem er bekannt gegeben wird, habe ich zur Verhütung der Weiterverbreitung der Geflügelpest von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. 

Die Zuständigkeit des Landrats ergibt sich aus § 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und der Ernährungssicherstellung und –vorsorge (VLEVollzG) vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 229, 232) in der zurzeit gültigen Fassung, da in der Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten im Veterinärwesen und bei der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung vom 8. November 2010 (GVBl I 354, 358) in der zurzeit gültigen Fassung keine abweichende Zuständigkeit begründet wurde. 

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch beim Landrat des Landkreises Marburg-Biedenkopf, Im Lichtenholz 60, 35043 Marburg, erhoben werden. 

Marburg, den 12.12.2022 

Der Landrat des Landkreises Marburg-Biedenkopf 

gez. Jens Womelsdorf 

Hinweise

  1. Jeder Verdacht auf Geflügelpest ist meiner Behörde unverzüglich zu melden (Art. 18 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/429).
  2. Auf die Mitwirkungspflicht des § 24 Tiergesundheitsgesetz wird ausdrücklich verwiesen.
  3. Der Widerspruch gegen diese Verfügung hat keine aufschiebende Wirkung. Daher sind die in dieser Allgemeinverfügung benannten Verpflichtungen auch dann zu befolgen, wenn der Widerspruch frist- und formgerecht eingelegt wurde.
  4. Ausnahmen von den unter Ziffer II.9 genannten Verbringungsverboten können bei meiner Behörde beantragt werden.
  5. Die Verbote nach Ziffer 9 Buchst. a bis h gelten nicht für 
    - Eier, die nach den Vorgaben des Anhangs VII der VO (EU) 2020/687 behandelt wurden.
    - Erzeugnisse oder sonstige seuchenrelevante Materialien, die vor Beginn der Seuche, d. h. vor 12.11.2022 (21 Tage rückgerechnet ab dem Tag, an dem der Verdacht gemeldet wurde) gewonnen oder erzeugt wurden.
    - Erzeugnisse, die in der Schutzzone hergestellt wurden und von Vögeln gewonnen wurden, die außerhalb der Schutzzone gehalten wurden.
    - Folgeprodukte.
    Sofern diese Erzeugnisse eindeutig von Erzeugnissen getrennt waren, die nicht für eine Versendung außerhalb der Sperrzone zugelassen sind und keine epidemiologischen Nachweise vorliegen, die auf eine Übertragungsmöglichkeit für diese Erzeugnisse hindeuten. 
  6. Gemäß Artikel 10 der Verordnung (EU) 2016/429 sind Unternehmer (= alle natürlichen oder juristischen Personen, die für Tiere oder Erzeugnisse verantwortlich sind, auch für einen begrenzten Zeitraum) in Bezug auf die gehaltenen Tiere und die Erzeugnisse in ihrem Zuständigkeitsbereich verantwortlich für die Gesundheit der gehaltenen Tiere und die Minimierung des Risikos hinsichtlich der Ausbreitung von Seuchen. Sie ergreifen zu diesem Zweck geeignete Maßnahmen zum Schutz vor biologischen Gefahren. Daraus ergibt sich die Pflicht des Unternehmers die einschlägig empfohlenen Biosicherheitsmaßnahmen unbedingt konsequent einzuhalten, um das Geflügel/die in Gefangenschaft gehaltenen Vögel vor einem Eintrag und der möglichen weiteren Verbreitung von HPAIV-Infektionen zu schützen. Grundsätzlich ist die Errichtung effektiver physischer Barrieren zwischen den Habitaten von wilden Wasservögeln (z.B. Gewässer, Felder, auf denen sich Gänse, Enten oder Schwäne sammeln) und den Geflügelhaltungen/Vogelhaltungen wesentlich. Mögliche direkte oder indirekte Kontakte sind zwischen Wildvögeln und Geflügel / in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln sind zu unterbinden und geeignete Desinfektionsmaßnahmen vorzusehen. Vor allem darf Wildvögeln kein Zugang zu Futter, Einstreu und Gegenständen (z.B. Schuhwerk, Schubkarren, Fahrzeuge usw.) gewährt werden, die mit Geflügel/ in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln in Kontakt kommen können. Geflügel/in Gefangenschaft gehaltene Vögel sollten außerdem nicht an Gewässern trinken, zu denen auch wildlebende Vögel Zugang haben. Die Gefahr einer Verschleppung von Infektionen zwischen Geflügelhaltungen/Vogelhaltungen sollte durch ein sicheres Hygienemanagement minimiert werden; dies beinhaltet insbesondere die wirksame Reinigung und Desinfektion von Kleidung, Schuhen, Geräten und Fahrzeugen. Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass nur gesunde Tiere zugekauft werden.
  7. „Geflügel“ gemäß Artikel 4 Nummer 9 der Verordnung (EU) 2016/429 sind Vögel, die zu folgenden Zwecken in Gefangenschaft aufgezogen oder gehalten werden: 
    a) Erzeugung von
        i) Fleisch; 
        ii) Konsumeiern; 
        iii) sonstigen Erzeugnissen;
    b) Wiederaufstockung von Wildbeständen; 
    c) Zucht von Vögeln, die für die Arten der in Buchstaben a und b genannten Erzeugung verwendet werden.
  8. „In Gefangenschaft gehaltene Vögel“ gemäß Artikel 4 Nummer 10 der Verordnung (EU) 2016/429 sind Vögel, ausgenommen Geflügel, die aus anderen Gründen als den in Nummer 9 genannten in Gefangenschaft gehalten werden, einschließlich derjenigen Vögel, die für Tierschauen, Wettflüge, Ausstellungen, Turnierkämpfe, zur Zucht oder zum Verkauf gehalten werden.

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