Inhalt anspringen

5. Allgemeinverfügung des Kreisausschusses des Landkreises Marburg-Biedenkopf zur Bekämpfung des Corona-Virus

Die Regelungen dieser Allgemeinverfügung gelten abweichend von den Bestimmungen der Verordnung zur Beschränkung von sozialen Kontakten und des Betriebes von Einrichtungen und von Angeboten aufgrund der Corona-Pandemie (Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung - im Folgenden CoKoBeV) vom 7. Mai 2020 in der ab dem 2. Oktober 2020 gültigen Fassung.

Aufgrund § 28 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz - lfSG) vom 20.07.2000 (BGBI. 1 S. 1045) zuletzt geändert durch Gesetz v. 10.02.2020 (BGBI. 1 S. 148) in Verbindung mit§ 5 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (HGöGD) vom 28.09.2007 (GVBI. 1 S. 659) zuletzt geändert durch Gesetz vom 03.05.2018 (GVBI. S. 82) sowie § 35 S. 2 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz in der Fassung vom 15.01.2010 (GVBI. 1 S. 18) zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.09.2018 (GVBI. S. 570) ordnen wir für das Gebiet des Landkreises Marburg-Biedenkopf zum Schutz der Bevölkerung des Landkreises Marburg-Biedenkopf vor dem ansteckenden Erreger SARS-CoV-2 bis einschließlich 21. Oktober 2020 (24 Uhr) an:

  1. Private Feierlichkeiten werden in öffentlichen bzw. angemieteten Räumen auf maximal 25 Personen beschränkt. Hiervon ausgenommen sind Zusammenkünfte nach§ 1 Abs. 2a CoKoBeV.
  2. In privaten Räumen wird ausdrücklich empfohlen, private Feierlichkeiten auf maximal 1O Personen zu beschränken.
  3. In Gaststätten und Übernachtungsbetrieben nach § 4 CoKoBeV sowie Mensen, Kantinen, Cafes, Eiscafes und Eisdielen, haben die Gäste beim Betreten und Verlassen der Räumlichkeiten, in den Gängen und beim Aufsuchen von Gemeinschaftseinrichtungen, wie z.B. Toiletten, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Hiervon ausgenommen sind Kinder unter 6 Jahren oder Personen, die aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung oder Behinderung keine Mund-NasenBedeckung tragen können. Die weiteren Bestimmungen des § 4 CoKoBeV bleiben unberührt.
  4. Eine Verlängerung dieser Allgemeinverfügung bleibt vorbehalten.

Hinweise:

Eine Anfechtungsklage gegen diese Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung (§§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 lfSG).

Begründung:

Die Hessische Landesregierung hat gemäß § 32 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (lfSG) die Verordnung vom 07. Mai 2020 zur Beschränkung von sozialen Kontakten und des Betriebes von Einrichtungen und von Angeboten aufgrund der Corona-Pandemie (Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung) in der ab dem 02. Oktober 2020 gültigen Fassung erlassen.

Der Landkreis Marburg-Biedenkopf wiederum hat bereits im März und April diesen Jahres vier Allgemeinverfügungen zum Schutz der Bevölkerung des Landkreises Marburg-Biedenkopf vor dem ansteckenden Erreger SARS-CoV-2 erlassen, die zeitlich ausgelaufen sind. Aufgrund der aktuellen Sach- und Rechtslage ergeht diese 5. Allgemeinverfügung des Kreisausschusses des Landkreises Marburg-Biedenkopf zur Bekämpfung des Corona-Virus.

Rechtsgrundlage für die nun getroffenen Maßnahmen ist § 28 Absatz 1 Satz 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (lfSG). Nach Satz 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten.

Durch den gemeinsamen Erlass des Hessischen Ministers des Inneren und für Sport sowie des Hessischen Ministers für Soziales und Integration vom 08. Juli 2020 wurde dem Landkreis Marburg-Biedenkopf durch ein Präventions- und Eskalationskonzept zur Eindämmung der weiteren Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Hessen aufgetragen, Maßnahmen abhängig von der Neuinfektion pro 100.000 Einwohner*innen innerhalb der vergangenen 7 Tage durchzuführen. Die gesundheitsamtlich ermittelte Zahl der Neuinfektionen im hier maßgeblichen Referenzeitraum von sieben Tagen im Kreisgebiet beläuft sich nach Stand vom 07. Oktober 2020 auf 39 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern (?-Tages lnzidenz), sodass der Landkreis Marburg-Biedenkopf nun der  Stufe 3 (orange) des Eskalationskonzeptes zugeordnet ist. Mit einem weiteren Anstieg ist zudem zu rechnen.

Da hinsichtlich dieser Neuinfektionen keine schwerpunktmäßige Betroffenheit nur einzelner Einrichtungen bzw. einzelner Betriebe erkennbar ist, sieht sich der Kreisausschuss des Kreises MarburgBiedenkopf als nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 5 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (HGöGD) zuständige Gesundheitsbehörde dazu veranlasst, unter Beachtung der Überschreitung des Risikowertes innerhalb des Referenzzeitraumes von sieben Tagen und unter Anwendung von§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 lfSG sowie in Abweichung von der o.g. Verordnung (CoKoBeV) die oben aufgezeigten notwendigen Schutzmaßnahmen, die zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 erforderlich sind, zu treffen.

Da in den letzten Wochen insbesondere mittelgroße Feiergesellschaften im privaten Bereich und Freizeitaktivitäten im Kreis Marburg-Biedenkopf maßgeblich zum Infektionsgeschehen beigetragen haben, sind zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet, erforderlich und angemessen sind, das lokale Infektionsgeschehen einzugrenzen. Gerade die mittelgroßen Feiergesellschaften haben zu einer erheblich höheren Zahl an Infizierten geführt. Immer dann, wenn eine Vielzahl von Personen zusammenkommt, ist das Risiko einer Übertragung erhöht. Aus diesem Grund ist die Beschränkung der Teilnehmerzahlen von privaten Feierlichkeiten in öffentlichen bzw. angemieteten Räumen notwendig. Zudem muss die Möglichkeit einer Nachverfolgung von Infektionsketten gewahrt bleiben, die naturgemäß schwieriger wird, je mehr Menschen zusammenkommen. Dies gilt auch für die ausdrückliche Empfehlung, in privaten Räumen, private Feierlichkeiten auf maximal 10 Personen zu beschränken.

Mit der unter Ziff. 1 getroffenen Regelung wird auch den aus der Videoschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 29. September 2020 getroffenen Vereinbarungen Rechnung getragen. Hieraus und unter Berücksichtigung des lokalen Infektionsgeschehens im Landkreis Marburg-Biedenkopf ist es erforderlich, bereits jetzt diesen Vorgaben zu folgen.

Bei privaten Feierlichkeiten in öffentlichen bzw. angemieteten Räumen haben sich nach derzeitigem Stand die aufgestellten Hygienekonzepte als probates Mittel zur Verhinderung der Ausbreitung bewährt. Dennoch ist, wie in den Gaststätten und Übernachtungsbetrieben sowie Mensen, Kantinen, Cafes, Eiscafes und Eisdielen, das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung zum eigenen Schutz und dem Schutz anderer, außer am eigenen Platz, notwendig, da in diesen Bereichen viele, miteinander unbekannte Personen in Kontakt treten können. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung das Risiko einer Ansteckung mit dem neuartigen CoronaVirus deutlich reduziert werden kann.

Die mit dieser Allgemeinverfügung getroffenen Anordnungen dienen insbesondere dem Schutz besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen sowie dem Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit als auch dem Interesse der Bevölkerung und des Gesundheitsschutzes. Die dauerhafte Aufrechterhaltung zentraler Infrastrukturen, insbesondere derjenigen des Gesundheitssystems im Landkreis Marburg-Biedenkopf, sollen über einen absehbar längeren Zeitraum sichergestellt werden. Die getroffenen Anordnungen verfolgen insbesondere auch das Ziel, die Infektionszahlen signifikant zu verringern und auf einem niedrigen Niveau zu stabilisieren, um insbesondere auch Behandlungskapazitäten in medizinischen Einrichtungen und medizinischen Versorgungsstrukturen aufrechterhalten zu können. Dies gilt insbesondere auch, da zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar ist, wann Impfstoffe und/oder Medikamente zur Verfügung stehen werden. Die getroffenen Anordnungen stellen ein wirksames Mittel zum Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit und zur Aufrechterhaltung zentraler Infrastrukturen dar.

Unter Berücksichtigung der zuvor beschriebenen Faktoren sind die erteilten Anordnungen geeignet, erforderlich und aufgrund der aktuellen Situation auch angemessen. Ein milderes Mittel, wie die erteilten Anordnungen mit gleichen oder besseren Erfolgsaussichten umgesetzt werden können, ist nicht gegeben. Sie sind verhältnismäßig und gerechtfertigt, um dem vorrangigen Gesundheitsschutz der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Hierdurch soll eine erneute Verbreitung und ein erneutes exponentielles Wachstum der Zahl von SARS-CoV-2-lnfektionen verhindert werden. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird auch dadurch Rechnung getragen, dass die Befristung der Allgemeinverfügung bis zum 21. Oktober 2020 erfolgt. Insbesondere soll mit den in dieser Allgemeinverfügung getroffenen Maßnahmen verhindert werden, dass die nächste Eskalationsstufe erreicht wird, bei der wiederum strengere Maßnahmen zu treffen wären. Die getroffenen Anordnungen dieser Allgemeinverfügung sowie die dort getroffenen Maßnahmen erfolgen in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens.

Zusätzlich zu den einzelnen Anordnungen empfiehlt der Kreisausschuss dringend, die sozialen Kontakte im privaten Bereich auf ein Minimum zu reduzieren. Ein nicht unwesentlicher Anteil am Infektionsgeschehen geht hieraus hervor, sodass dies bereits jetzt geboten ist. Die Zuständigkeit des Kreisausschusses des Landkreises Marburg-Biedenkopf zum Erlass dieser Anordnung ergibt sich aus §§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 HGöGD.

Da die bisher im Landkreis bei der Eindämmung des Virus erzielten Erfolge nicht zunichte gemacht werden dürfen und von der Anordnung sowohl alle Gaststätten und Übernachtungsbetriebe, Cafes, Eiscafes und Eisdielen im Landkreis Marburg-Biedenkopf als auch viele Privatpersonen von den Einschränkungen bei privaten Feierlichkeiten betroffen sind, wird von einer vorherigen Anhörung gern.§ 28 Abs. 2 Nr. 4 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz abgesehen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach ihrer Bekanntgabe Klage bei dem Verwaltungsgericht in Gießen, Marburger Straße 4, 35390 Gießen, erhoben werden.

Für den Kreisausschuss des Landkreises Marburg-Biedenkopf:

Marian Zachow
Erster Kreisbeigeordneter
Klaus Weber
Kreisbeigeordneter

Zur PDF-Version

Vielen Dank fürs Teilen

Erläuterungen und Hinweise