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Catcalling ist kein Kompliment sondern verbale sexuelle Belästigung!

Wir rufen euch dazu auf, eure Catcalling Erlebnisse an die E-Mail-Adresse #keinkomplimentmarburg-biedenkopfde zu melden!

Dort werden die Meldungen gesammelt und am nächsten Anti-Catcalling-Tag (immer am 2. Freitag im Juni) durch regional organisierte Aktionsgruppen mit Kreide an den Orten sichtbar gemacht, an denen sie stattgefunden haben. Gleichzeitig wird es dazu unter dem Hashtag #keinkompliment Posts auf Instagram und Facebook geben.

Alle Personen, die in der Region Marburg-Biedenkopf von Catcalling betroffen sind, oder dies bei einer anderen Person miterlebt haben, sind aufgerufen, an die E-Mailadresse #keinkomplimentmarburg-biedenkopfde die begangenen Delikte in anonymisierter Form zu melden, mit Angabe der Art des Übergriffs sowie der möglichst konkreten Nennung von Ort, Datum und Uhrzeit. Selbstverständlich sind auch Menschen willkommen, die diese Aktion tatkräftig unterstützen wollen und z.B. zum Aktionstag am 9. Juni 2023 einen Teil der Catcalls „ankreiden“ möchten. Meldet euch bei uns! Gerne könnt ihr auch, wenn ihr Zeug*innen von Catcalling seid, die „Catcaller“ sofort mit dem Ausspruch „Kein Kompliment!“ ansprechen.  

„Zusammen können wir etwas verändern!“, so die Frauen des Kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbüros Marburg-Biedenkopf.

Catcalling heißt übersetzt so viel wie Katzen-Rufen und ist ein Begriff, unter dem verschiedenste sexistische Verhaltensweisen gegenüber Menschen, vor allem Frauen, zusammengefasst werden. Sexistische Verhaltensweisen sind beispielsweise anzügliche Blicke, aufdringliches Verhalten und das Nachpfeifen oder andere Geräusche (bspw. Kussgeräusche, Schnalzgeräusche, Miauen, Bellen). Hauptsächlich ist mit Catcalling jedoch verbale sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum gemeint. Macht ein Mann gegenüber einer Frau zum Beispiel sexuelle Anspielungen, bewertet ihren Körper oder fordert sie direkt zu sexuellen Handlungen auf, nennt man dies Catcalling.

„Die meisten Frauen werden es leider irgendwann im Leben mal erfahren haben“, sagt Janet Miller, Leiterin des Kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbüros Marburg-Biedenkopf. „Wir haben Meldungen dazu bekommen, bisher vor allem von Frauen und trans Personen. Deshalb wollen wir dagegen etwas unternehmen, auch im ländlichen Raum.“

Gemeinsam mit anderen Gleichstellungsbeauftragten auf kommunaler Ebene haben wir einen nationalen Anti-Catcalling Tag entworfen, um auf dieses nicht hinnehmbare Verhalten aufmerksam zu machen. Es ist nicht akzeptabel, dass Frauen und Mädchen sich nicht unbefangen im öffentlichen Raum bewegen können ohne Belästigungen ausgesetzt zu sein. Der Hinweis mancher Männer „Nimm’s doch als Kompliment“, hilft leider nicht. Catcalling ist #keinKompliment, sondern verbale sexuelle Belästigung.

So soll nicht nur die Sensibilität für das Thema erhöht werden und die Zivilcourage gestärkt werden dagegen vorzugehen, sondern es sollen damit auch kommunale Entscheidungsträger*innen (z.B. im Bauamt, im Ordnungsamt oder bei der Polizei) darauf aufmerksam gemacht werden, an welchen Stellen in ihrer Kommune sogenannte „Angsträume“ bestehen, also Orte mit erhöhtem Bedrohungspotenzial für Mädchen, Frauen und Menschen aus der LGBTIQ*- Community.

In der Stadt Marburg ist seit Oktober 2020 die Ortsgruppe CatcallsofMarburg mit ca. 7 Mitgliedern als Teil des Dachverbandes ChalkBack aktiv. Beide Vereine sind auf dem CatcallsofMarburg-Account bei Instagram in der Bio verlinkt. Die Aktivist*innen dieser Gruppe kreiden vor allem in der Kernstadt Marburg an. Im Landkreis gibt es bisher nichts vergleichbares, deshalb schließen wir uns für den Landkreis der Aktion #keinkompliment an.

Hier vor Ort sind wir, die Frauen im Kommunalen Frauen- und Gleichstellungsbüro, die Ansprechpartnerinnen für den Landkreis Marburg-Biedenkopf, die auch für Nachfragen zur Verfügung stehen.

Catcalling richtet sich vornehmlich gegen Frauen und Personen aus der LGBTIQ*-Community. Belästigungen auf der Straße wirken sich bei Betroffenen körperlich und emotional aus: Sie berichteten von körperlichen Symptomen wie Muskelverspannungen, Atembeschwerden, Schwindel und Übelkeit sowie starker Angst, z.B. vor Vergewaltigung oder davor, die eigene Privatsphäre nicht schützen zu können. Es sorgt dafür, dass besonders Frauen und Mädchen beginnen Bereiche im öffentlichen Raum zu meiden und sich nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen.

Nach einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erleben 44 Prozent der Frauen, aber auch 32 Prozent der Männer, in Deutschland Situationen, in denen sexistische Zeichen und Übergriffe an sie adressiert sind. Als meist berührungslose, aber unzumutbar aufgedrängte Sexualität ist es derzeit noch kein eigener Straftatbestand bzw. keine Ordnungswidrigkeit. Catcalling ist weder ein Einzelschicksal bestimmter Frauen oder Mädchen, noch etwas, was nur in bestimmten Städten/Stadtteilen vorkommt. Jede Frau* und jedes Mädchen* kann betroffen sein und es kann überall geschehen, auch in der persönlichen Nachbarschaft. Catcalling ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das davon betroffene Personen einschränkt, sich frei und unbehelligt zu bewegen.

Dies soll nicht so bleiben und so hat bereits die „#Me-Too“-Bewegung das Problem sexueller Belästigungen im Alltag, überwiegend durch Männer, in den Blick der internationalen Öffentlichkeit gerückt.

Die erste Petition zum Catcalling von Antonia Quell „Es ist 2020. Verbale sexuelle Belästigung sollte strafbar sein“ wurde von knapp 70.000 Personen unterstützt und auch der Deutsche Juristinnenbund forderte bereits eine rechtliche Normierung berührungsloser sexueller Belästigung (DJB, 2021). Leider lässt das Engagement der Gesetzgebung noch auf sich warten.

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