Marburg-Biedenkopf – Eine Streuobstwiese bei Wallau, eine der größten zusammenhängenden Flächen dieser Art im Altkreis Biedenkopf, erwacht aus dem Dornröschenschlaf: Ein Landwirt und ein Obstbauer haben sich zusammengetan um die Fläche wieder zu nutzen, auch mit Unterstützung des Landkreises Marburg-Biedenkopf. Die Kreisbeigeordnete Karin Lölkes hat beim Baumschnitt mit Säge und Astschere auch tatkräftig geholfen und sich über das Projekt vor Ort informiert.
Die rund 3,6 Hektar, oder knapp fünf Fußballfelder große Wiese mit 120 alten hochstämmigen Apfelbäumen an der Straße nach Weifenbach wurde über Jahrzehnte nicht gepflegt und war teilweise von Schwarzdorn überwuchert. Einzelne Bäume sind schon zusammengebrochen oder umgefallen. Bis vor zwei Jahren zog ein Wanderschäfer über die Fläche, was die schleichende Zerstörung und Verbuschung aber nicht aufhalten konnte.
„Streuobstwiesen sind eine der artenreichsten Lebensräume der von Menschen geprägten Landschaft und beherbergen eine Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten. Sie leisten so einen wichtigen Beitrag zur biologischen Vielfalt“, sagt Karin Lölkes. „Insbesondere seltene Vogelarten wie Steinkauz, Wendehals oder Gartenrotschwanz finden dort ein Zuhause“, weiß auch Heike Wagner, Leiterin des Fachbereiches Ländlicher Raum und Verbraucherschutz des Kreises. Besonders wertvoll seien große Flächen, die aber immer seltener geworden seien, so Wagner. „In den 50er bis in die 70er Jahre wurden die meisten Streuobstwiesen rund um die Dörfer zugunsten der Vergrößerung der Orte geopfert“, erläutert Wagner. Zum Erhalt, insbesondere der alten Bäume mit Höhlen, sei eine regelmäßige Pflege notwendig, auch um die Standsicherheit der Bäume zu gewährleisten.
„Die biologische Vielfalt dieser Streuobstflächen ist aber nur ein Aspekt. Idealerweise wird das Obst zum Pressen von Saft benutzt oder um es einfach zu essen“, betont Lölkes.
Nachdem der Wanderschäfer die Beweidung auf der Fläche endgültig eingestellt hat, wurde diese neu vermietet. Mit großem Einsatz hat Landwirt Björn Gillat, der neue Pächter der Streuobstwiese, mit seiner Familie und seinem Team über den Winter viele Arbeitsstunden geleistet um Büsche von der Streuobstwiese zu entfernen, die Obstbäume freizuschneiden und die Fläche für eine Beweidung mit seinen Rindern vorzubereiten.
„Als Kooperationspartner in dem Projekt kümmern sich der Streuobstfachmann Thomas Manke und sein Team um die fachgerechte Sanierung der Bäume. Ein besonnener naturschutzorientierter Baumschnitt ist vor allem auch auf den Erhalt der alten Bäume ausgelegt. Höhlenbäume und Totholzelemente werden, wenn möglich, erhalten und gesichert. In der Zukunft ist auch die Nutzung des Obstes geplant, hier werden gerade neue Verkaufsstrukturen aufgebaut“, erläutert Wagner.
Das Projekt wird vom Landkreis Marburg-Biedenkopf mit seinem Fachbereich Ländlicher Raum und Verbraucherschutz über das HALM-Programm des Landes Hessen gefördert. Das Hessische Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflege Maßnahmen (HALM) bietet differenzierte Möglichkeiten zur Förderung von Baumschnitt, Landschaftspflege, Grünlandbewirtschaftung und Beweidung.
Sehr zufrieden ist auch die Eigentümerin Charlotte von Moltke. Ihre Vorfahren, die Familie Freiherr von Breidenbach zu Breidenstein haben die Streuobstwiese in den 50er Jahren angelegt.
Bei dem Arbeitseinsatz kam das leiblich Wohle auch nicht zu kurz: Den tatkräftigen Helferinnen und Helfern wurde einen Imbiss mit Apfelsaft und Apfelwein aus der Vermostung von Biedenkopfer Streuobstwiesen sowie Bratwürstchen mit Apfelgeschmack und Apfelstückchen einer örtlichen Metzgerei gereicht.