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Pressemitteilung 037/2023

03.02.2023

Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus – Gedenkstunde in der Landsynagoge Roth macht Erinnerungen der Opfer gegenwärtig

Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkstunde von Katharina Fendel (Flöte) und Selma Bonney-Raven (Violine).

Marburg-Biedenkopf – Es fängt damit an, dass ein Kind aus der Fußballmannschaft ausgeschlossen oder ein Laden boykottiert wird und es endet im Ghetto in Riga oder in den Schrecken der Konzentrationslager – bei der Gedenkstunde anlässlich des bundesweiten Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar in der Landsynagoge in Weimar-Roth wurden Auszüge aus Briefen und Erinnerungen jüdischer Bürgerinnen und Bürger vorgetragen, die in der Region lebten, diskriminiert, verfolgt und gequält wurden. 

Die Geschichten von Trude Höchster, Herbert und Walter Roth aus Roth, Trude Löwenstein aus Fronhausen und Karl Stern aus Neustadt standen exemplarisch für das Leid der Opfer des Nationalsozialismus. Ausgerichtet wurde die Gedenkstunde vom Landkreis Marburg-Biedenkopf, dem Arbeitskreis Landsynagoge Roth und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Marburg. Am Gedenktag jährte sich zum 78. Mal die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Januar 1945. 

„Wir erinnern heute an Zeiten der völligen Abkehr von Menschlichkeit. Wir erinnern an eine monströse Mordmaschinerie“, sagte Landrat Jens Womelsdorf bei der Gedenkstunde. Der Verfolgung und Ermordung von Juden, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Menschen mit Behinderungen, Homosexuellen, politisch Andersdenkenden und vieler anderer Gruppen solle an diesem Tag gedacht werden, so Womelsdorf – doch das allein reiche nicht: „Das Gedenken reicht in die Erinnerung, wir brauchen aber aktives Tun in Gegenwart und Zukunft.“ „Nie wieder“ müsse mehr sein als ein Lippenbekenntnis, unterstrich der Landrat. 

„Die in der Pogromnacht demolierte Synagoge in Roth steht sinnbildlich für die Verbrechen an den jüdischen Menschen dieses Dorfes und der Region“, betonte Dr. Annegret Wenz-Haubfleisch vom Arbeitskreis Landsynagoge Roth. Die Gedenkstunde in der Synagoge bringe das Erinnern ganz nah an einen Ort, an dem die Menschen gelebt haben, derer man gedenke, sagte Helmut Wöllenstein von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. „Es ist unsere Aufgabe, nicht zu schweigen, wo sich Antisemitismus wieder in die Gesellschaft schleicht.“ 

Ganz nah in die Gegenwart der Gedenkstunde gelangten die Zeitzeugen und Zeitzeuginnen Trude Höchster, Herbert und Walter Roth, Trude Löwenstein und Karl Stern durch die von ihnen verfassten Texte, die Schüler und Schülerinnen der Gesamtschule Niederwalgern, Laurence Bryant und Michael Weller vortrugen. Die Auszüge aus Briefen und Interviews machten deutlich, wie das Leben der jüdischen Menschen in den Ortschaften sich schleichend verschlechterte, wie die Ausgrenzung immer schlimmer wurde. So erinnerte sich Trude Löwenstein, wie in der Metzgerei ihrer Eltern plötzlich niemand mehr einkaufte. Herbert Roth schilderte, wie er am Boden zerstört war, weil er nicht mehr in der Fußballmannschaft mitspielen durfte. Trude Höchster beschrieb, wie in der zerstörten Synagoge die Gebetbücher auf dem Boden lagen. 

Andere Erinnerungen führen ins Ghetto nach Riga, wo das Blut derer, die dort ermordet wurden, in den Straßen floss, wo Totschlag und Erschießungen an der Tagesordnung waren. Und Trude Löwenstein erzählte von der Rückkehr nach Fronhausen nach dem Krieg, wo sich die Hoffnung, die Angehörigen wiederzufinden, zerschlug. 

Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkstunde von Katharina Fendel (Flöte) und Selma Bonney-Raven (Violine).

„Das Gedenken reicht in die Erinnerung, wir brauchen aber aktives Tun in Gegenwart und Zukunft“, mahnte Landrat Jens Womelsdorf bei der Gedenkstunde in der Landsynagoge in Roth anlässlich des Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz.

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