Marburg-Biedenkopf – Mit dem Ziel, bestehende Streuobstwiesen im Landkreis Marburg-Biedenkopf langfristig zu erhalten, startete die Untere Naturschutzbehörde des Kreises im vergangenen Jahr das Projekt „Streuobst-Schätze Marburg-Biedenkopf“. Aktuell steht in diesem Rahmen noch Fördergeld in Höhe von rund 17.000 Euro zur Verfügung. Bürgerinnen und Bürger können beispielsweise bei der Nachpflanzung von Obstbäumen in Streuobstbeständen und für Pflegeschnitte weiterhin finanzielle Unterstützung erhalten. Alle Informationen dazu gibt es online auf https://www.marburg-biedenkopf.de/streuobst.
„Besonders alte Streuobstwiesen bieten mit ihren Obstblüten, ihrem Blattwerk, kleinen Spalten unter der Baumrinde und mit ihren Astlöchern vielfältige Strukturen. Tiere wie Insekten, Vögel und Kleinsäuger nehmen diese gerne als Lebensräume in Anspruch. Streuobstwiesen zu erhalten, ist deshalb ein wichtiger Beitrag für die Artenvielfalt. Genau da setzen wir mit unserem Förderprojekt an“, erläutert Katharina Franziska Hof von der Unteren Naturschutzbehörde. So kämen auf Streuobstwiesen mehr als 5.000 unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten vor. Auch die darunterliegende Wiesenfläche sei von großer Bedeutung als Lebensraum, wenn diese schonend bewirtschaftet wird.
Herbstzeit ist Pflanzzeit – Wer Anträge auf eine Förderung stellen kann
Eigentümerinnen und Eigentümer, Naturschutzvereine sowie Nutzerinnen und Nutzer mit langjährigen Pachtverträgen (mind. 30 Jahre) mit geeigneten Streuobstflächen innerhalb des Landkreises können eine Förderung beantragen. Dafür muss vorab ein entsprechendes Antragsformular ausgefüllt werden, dieses findet sich auf der Homepage des Kreises.
Förderfähig sind Nachpflanzungen von Hochstamm-Streuobstbäumen in bestehenden, schonend bewirtschafteten Streuobstbeständen und Obstbaumalleen – insofern sie nicht bereits durch öffentliche Mittel bezuschusst wurden. Auch wenn Nachpflanzungen wegen einer rechtlichen Verpflichtung, zum Beispiel als Ausgleichsmaßnahme, anzulegen sind, ist eine Förderung nicht möglich.
Ein förderfähiger Streuobstbestand besteht dabei aus einer Anzahl von mindestens zehn zusammenstehenden Hochstämmen im Abstand von zehn Metern zueinander. Oder er hat alternativ eine Mindestgröße von 1.000 Quadratmetern in einer Bestandsdichte von maximal 100 Bäumen pro Hektar. Eine Obstbaumallee besteht aus mindestens zehn Hochstammobstbäumen, die auf einer Länge von mindestens 100 Metern im Außenbereich stehen. Hochstämmige Obstbäume haben grundsätzlich einen Kronenansatz in mindestens 180 Zentimetern Stammhöhe. Eine Ausnahme stellen Speierling und Walnuss dar, denn deren Krone setzt bereits in einer Höhe von mindestens 120 Zentimetern des Stammes an. Neben der Größe der Anpflanzungen ist auch die jeweilige Art und Sorte entscheidend: Gefördert werden können die Pflanzungen von alten, aber auch klimaangepassten neuen Kern- und Steinobstsorten von Apfelbäumen, Birnbäumen und Kirschbäumen. Auch Speierling, Walnuss und Esskastanie können gefördert werden. Es ist ein Zuschuss in Höhe von bis zu 50 Euro pro Hochstamm-Obstbaum möglich.
Darüber hinaus können auch die Kosten für Pflanzmaterialien und die Anbringung von Nisthilfen an geeigneten Stellen bezuschusst werden. Im Sinne der Erhaltung alter Obstbäume und der abgestimmten Pflege von Neuanpflanzungen lassen sich auch Fördermittel für fachgerechte Obstbaumschnitte beantragen. Weiterführende Informationen zu den hierfür möglichen Förderbeträgen finden sich ebenfalls auf der Homepage des Kreises.
Wer an der Nachpflanzung von Obstbäumen interessiert ist, kann sich bei Fragen und für Tipps an die Mitarbeitenden der Unteren Naturschutzbehörde wenden.
Streuobstwiesen trotz gesetzlichem Schutz rückläufig
„Weil die Bedeutung der Streuobstwiesen als Lebensraum für die Tier- und Umwelt so hoch ist, ist er nach dem Naturschutzrecht gesetzlich geschützt. Doch trotz dieses besonderen Stellenwertes haben sich die Streuobstbestände in den vergangenen 75 Jahren in Deutschland um etwa 80 Prozent verringert“, sagt Hof. Das liege neben dem Klimawandel und steigendem Flächenverbrauch auch daran, dass die Nutzung oder auch Pflege von Streuobstwiesen und -reihen aufgegeben wird und Bäume somit überaltern und schließlich zusammenbrechen. „Hiermit unmittelbar verbunden ist der Verlust geeigneter Lebensräume für Blütenpflanzen, Schmetterlinge, Pilze, Singvögel und weitere Arten, die Teil der hier vorkommenden vielfältigen Lebensgemeinschaften sind“, macht die Naturschützerin deutlich.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, habe die Untere Naturschutzbehörde ein eigenes Förderprojekt gestartet, mit welchem die Nachpflanzung von Obstbäumen auf vorhandenen Streuobstflächen bezuschusst wird. „Wenn Bürgerinnen und Bürger neue Obstbäume anpflanzen, hält neues Leben auf den Wiesenflächen und Äckern Einzug. Bei der richtigen Bewirtschaftung und Pflege können so kleine, artenreiche Hotspots entstehen“, macht Katharina Franziska Hof deutlich.
Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des sogenannten naturschutzrechtlichen Ersatzgeldes. Solche Ersatzzahlungen werden von der Unteren Naturschutzbehörde eingenommen, wenn Beeinträchtigungen auf Natur und Landschaft, wie sie im Rahmen von Bautätigkeiten entstehen können, nicht durch geeignete Naturschutzmaßnahmen oder Ökopunkte ausgeglichen werden können. Die Zahlungen werden durch das Land Hessen verwaltet und können von der Unteren Naturschutzbehörde für Projekte zur Aufwertung von Natur und Landschaft verwendet werden.
Antragsformular und Kontakt zur Unteren Naturschutzbehörde
Die im Rahmen der Antragstellung benötigten Formulare sowie weitere Informationen finden sich unter https://www.marburg-biedenkopf.de/streuobst. Bei Fragen oder für eine Abstimmung der Maßnahmen sind die Mitarbeitenden der Unteren Naturschutzbehörde per E-Mail an Naturschutzmarburg-biedenkopfde erreichbar.
Mit dem Förderprojekt „Streuobst-Schätze“ werden die bereits bestehenden Fördermöglichkeiten des Landkreises zur Stärkung von Streuobstwiesen auch über die Naturschutzprojekt-Förderung sowie das „Kelterwiesenprojekt“ des Fachbereichs Ländlicher Raum und Verbraucherschutz hinaus erweitert und ergänzt.