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Pressemitteilung 174/2025

04.06.2025

Hoffnung für den heimischen Edelkrebs – Untere Naturschutzbehörde zieht Fazit: Artenschutz-Maßnahmen zeigen Wirkung

Hoffnung für den seltenen Edelkrebs: Die Bestände im Steinbruchsee bei Angelburg-Gönnern erholen sich aktuell wieder.

Marburg-Biedenkopf – Heimische Flusskrebse wie der Edelkrebs gelten in Deutschland als vom Aussterben bedroht. Was sich dagegen auf regionaler Ebene erfolgreich tun lässt, zeigt sich beispielhaft im Naturschutzgebiet „Steinbruch Kohlenacker“ bei Angelburg-Gönnern: Dort kann sich der Edelkrebs, eine streng geschützte Art, im Steinbruchsee wieder in Ruhe vermehren.

Der eigentlich gebietsfremde amerikanische Signalkrebs als Konkurrent drohte die heimische Art zu verdrängen. Er wird im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Marburg-Biedenkopf deshalb seit 2014 regelmäßig entfernt – bis 2024 wurden insgesamt 68.400 amerikanische Signalkrebse aus dem See entnommen. Dadurch zeigt sich ein deutlicher Anstieg der heimischen Edelkrebse im See. Die Edelkrebse werden ebenfalls gefangen und registriert, aber im Unterschied zum Signalkrebs anschließend wieder in das Gewässer zurückgesetzt. So wurden im Jahr 2024 rund 800 Exemplare der schutzbedürftigen heimischen Art in den Fallen registriert – ein neuer Rekord. 2018 waren es noch lediglich 78 Edelkrebse. „Die Zahlen zeigen, dass sich der Bestand der Edelkrebse deutlich erholt und das Entfernen der Signalkrebse einen positiven Einfluss hat. Auch die Anzahl der Geburtshelferkröten hat sich über die vergangenen elf Jahre wieder erhöht“, freut sich Gabriele Spill-Ebert von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises.

Ein heimisches Fachbüro für Gewässerökologie kümmert sich im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde darum, die speziellen Fallen auszubringen, mit deren Hilfe die enormen Mengen an Signalkrebsen aus dem Gewässer entfernt werden konnten. Gleichzeitig übernimmt es die Zählung der gefangenen Edel- und Signalkrebse, um belastbare Aussagen über den Erfolg des Vorhabens treffen zu können. Spill-Ebert, die das vom Kreis ausgewiesene Naturschutzgebiet fachlich betreut, steht im engen Austausch mit dem Fachbüro. So können Entwicklungen und bei Bedarf Maßnahmen rechtzeitig erkannt werden.

„Die Lebensräume der heimischen Edelkrebse sind mittlerweile auf meist isolierte Stillgewässer beschränkt, wodurch diese Gewässer eine wichtige Bedeutung für das Fortbestehen der Art haben. Im Steinbruchsee bei Gönnern fühlen sich mittlerweile die streng geschützte Geburtshelferkröte und auch der Edelkrebs wieder wohl, das war nicht immer so“, erklärt die Fachfrau für Naturschutz.

Amphibienkartierung sorgt für Überraschung

2014 hatte der damalige Eigentümer des Geländes, die NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe, eine Amphibienkartierung in Auftrag gegeben, um dort den Bestand an Amphibien festzustellen. Dabei kam es zu einem überraschenden Fund: In den Fallen befanden sich neben einigen wenigen heimischen Edelkrebsen große Mengen des amerikanischen Signalkrebses, eine eingeschleppte, gebietsfremde Flusskrebsart. Denn sie ist eigentlich in nordamerikanischen Flüssen beheimatet – vor gut 100 Jahren wurde die Art gezielt nach Europa gebracht. Die mit der gezielten Einführung des Signalkrebses verbundenen Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Nutzung in der Krebsfischerei erfüllten sich jedoch nicht. Stattdessen ist er Konkurrent und als Überträger der Krebspest eine Gefahr für heimische Arten geworden. Der Signalkrebs ist gegen die Krankheit immun, überträgt sie allerdings auf die europäischen Arten, die keine Abwehrchancen haben und daran sterben. „Da der Signalkrebs hier die einheimischen Arten verdrängt – zum einen durch die Übertragung der Krebspest, zum anderen, indem er Fisch- und Amphibienlaich als Nahrungsgrundlage nutzt – gilt er als sogenannte invasive Art“, erläutert Spill-Ebert. Erfreulicherweise seien die Signalkrebsbestände des Steinbruchsees nicht infiziert gewesen, hätten jedoch durch ihre hohe Anzahl an Nachkommen eine erhebliche Konkurrenz sowohl für die Edelkrebse als auch als Fressfeinde für die Geburtshelferkröten-Larven dargestellt. Die aus dem See entnommenen Signalkrebse werden an heimische Restaurants abgegeben und kulinarisch verwertet.

Ab 2018 wurde die Bekämpfung durch die Obere Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Gießen finanziert. Ein wichtiger Beitrag dazu, dass sich die Bestände des Edelkrebses in dem Gebiet bis 2024 deutlich erholt haben. „Es ist offensichtlich, dass sich durch die Reduzierung des sehr durchsetzungsfähigen Signalkrebses der Druck auf den Edelkrebs und die Geburtshelferkröte verringert. Diese Anstrengungen dürfen jetzt nicht nachlassen“, sagt Spill-Ebert. Ansonsten sei zu befürchten, dass sich die Signalkrebs-Population innerhalb weniger Jahre wieder erholt und es erneut zu erheblichen Verlusten bis hin zum Aussterben heimischer Arten kommt.

Untere Naturschutzbehörde des Kreises setzt Maßnahmen fort

Deshalb finanziert die Untere Naturschutzbehörde das Vorhaben im Naturschutzgebiet mit dem Ziel weiter, durch gezielte „Überfischung“ einen Zusammenbruch des Signalkrebs-Bestandes zu erreichen. Die Kosten für die Pflege der Wiesenflächen und den Rückschnitt von Gehölzen in dem Naturschutzgebiet liegen bei jährlich etwa 2.000 Euro, die Beseitigung der Signalkrebse kostet jährlich rund 5.000 Euro. „Das Naturschutzgebiet zu erhalten und weiterzuentwickeln – insbesondere als Lebensraum für Amphibien und den Edelkrebs – bei gleichzeitigem verantwortungsbewusstem Umgang mit öffentlichen Geldern ist eine Herausforderung, der wir uns stellen“, so Spill-Ebert. Die Naturschützerin bittet darum, im Naturschutzgebiet auf den durch Stahlseile markierten Wegen zu bleiben. Das Baden im See sowie das Angeln oder Fangen von Krebsen sei ausdrücklich verboten, betont sie.

Weitere Informationen online

Wer an dem Thema sowie dem Naturschutzgebiet „Steinbruch Kohlenacker“ und der dortigen Flora und Fauna interessiert ist, kann weiterführende Informationen auf der Homepage des Landkreises unter www.marburg-biedenkopf.de sowie unter dem Direktlink https://www.marburg-biedenkopf.de/umwelt_und_laendlicher_raum/naturschutz-und-wasserschutz/kohlenacker-naturschutz.php#links-downloads finden. Dort sind außerdem zwei Kurzfilme zum Naturschutzgebiet und den Edelkrebsen eingestellt.

Der Edelkrebs gilt in Deutschland als vom Aussterben bedroht.

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