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Pressemitteilung 019/2023

19.01.2023

Unterwegs mit dem mobilen Impfteam des Kreises – 73.000 Impfungen innerhalb von 14 Monaten / Kreis impft in kleinerem Rahmen weiter / Ziel: Versorgungslücken schließen

Das ist die Ausrüstung, die die Teams für das mobile Impfen dabei hatten: Kühlbox für den Impfstoff, medizinisches Equipment, Drucker und Laptop für die Dokumentation und eine Notfallausrüstung.

Marburg-Biedenkopf – Die alte Dame ist zunächst noch etwas verunsichert. „Sie bekommen jetzt gleich ihre Impfung“, beruhigt Juliane Schrakamp. Die Medizinische Fachangestellte (MFA) ist Teil eines der mobilen Impfteams, die monatelang im Landkreis unterwegs waren, um Menschen gegen Corona zu impfen – in Pflegeheimen, in Bürgerhäusern, an sozialen Brennpunkten. Vom 1. Oktober 2021 bis zum 31. Dezember 2022 waren das über 73.000 Impflinge.  

„Das mobile Impfteam sollte die Haus-und Fachärztinnen und -ärzte nach der Schließung des Impfzentrums am Afföller unterstützen“, erzählt Claudia Dielmann-Ackermann, die ebenso wie Sonja Becker und Rebekka Knitschke zur ärztlichen Leitung des mobilen Impfteams gehörte. Doch mit der zum Herbst 2021 wieder ansteigenden Welle von Infektionen und der rasant steigenden Nachfrage nach Impfungen kam dem mobilen Impfen rasch eine viel größere Bedeutung zu als ursprünglich gedacht. 

„Wir haben gemerkt: Da ist Druck auf dem Kessel“, erinnert sich Oliver Lotz von der Leitung der mobilen Impfteams, der Schnittstelle zwischen Gesundheitsamt und den paritätisch durch den DRK Kreisverband Marburg-Gießen und die Johanniter Unfallhilfe Regionalverband Mittelhessen besetzten Mitarbeitenden in den Impfteams und in der Verwaltung. Wie schon beim Impfzentrum wurde das für das mobile Impfen zuständige Gesundheitsamt von diesen beiden Institutionen unterstützt. 

Während Gesamtverantwortung und Organisation beim Gesundheitsamt lagen, stellten die beiden Hilfsorganisationen medizinisches Fachpersonal sowie Personal für Organisation und Verwaltung. Sechs Impfteams waren im Einsatz – in Spitzenzeiten bis zu zwölf Teams – und das teilweise äußerst intensiv. 

„Unser Auftrag war zunächst darauf beschränkt, den sogenannten vulnerablen Gruppen zum Beispiel in Alten- und Pflegeheimen flächendeckend und rasch die dritte Impfung anzubieten. Die Nachfrage war dann so groß, dass wir bereits ab November 2021 auch ein öffentliches Angebot mit drei stationären Impfstellen – unsere „Impfpunkte“ – wieder eröffnet haben“, berichtet Dr. Birgit Wollenberg, die Leiterin des Gesundheitsamtes. Es habe sich bewährt, zusätzlich zum Impfpunkt in Marburg im Westen (Hinterlandhalle in Dautphetal) und Osten des Landkreises (Mehrzweckhalle in Stadtallendorf) Impfstellen zu eröffnen. „Zusätzlich haben wir uns bei Märkten und anderen Veranstaltungen mit unserem Impfbus dazu gestellt, um ein möglichst leicht zu erreichendes Impfangebot zu schaffen, das ohne Umstände angenommen werden kann. Auf unserer Homepage konnten alle sehen, wo wir in den nächsten beiden Wochen auftauchen“, so Dr. Wollenberg. 

Teilweise gab es auch im Herbst 2021 plötzlich wieder lange Schlangen bei den Impfaktionen. Menschen reagierten unwirsch, sodass an einigen Tagen auch Personal der Security eingesetzt werden musste. „Unser Personal wurde teilweise sogar angegriffen“, berichtet Oliver Lotz. 

Die Hälfte der Teams impfte an den Impfpunkten, die andere fuhr weiter durch den Landkreis, zu Alten- und Pflegeheimen, zur Tafel, in die Psychiatrie, in Wohngruppen. Es gab Angebote bei Firmen, speziell für prekär Beschäftigte, Impfaktionen für Obdachlose und Bewohnende von Stadtteilen mit sozialen Problemen. „Dabei haben wir solche Aktionen auch gut vorbereiten müssen, damit wir Menschen zum Impfen bewegen konnten und haben dabei viel Unterstützung von Akteuren vor Ort bekommen“, betont Dielmann-Ackermann. 

Der zentrale Büro- und Lagerstandort für das mobile Impfen wurde in leerstehenden Räumlichkeiten der Gesamtschule Niederwalgern eingerichtet – auch dabei musste kräftig improvisiert werden. Dabei und bei allem anderen habe geholfen, dass das Team so gut zusammengearbeitet habe, betonen Dielmann-Ackermann und Lotz gleichermaßen: „Wir waren hier so eine bunte Truppe aus ganz unterschiedlichen Menschen und es hat hervorragend funktioniert!“ 

Die gute Zusammenarbeit konnte man beispielsweise beim Besuch in einem Alten-und Pflegeheim Waldesruh in Bad Endbach erleben. Das Impfteam funktioniert wie eine gut geölte Maschine – von der Beladung des Fahrzeugs mit den Unterlagen, der Kühlbox mit dem Impfstoff, Computer, Drucker und Notfallset samt Defibrillator bis zum Bereitlegen von Masken, Einmalhandschuhen und Spritzen. Der Arzt Christoph Albrecht, die MFA Juliane Schrakamp und Wolfgang Frey als Mitarbeiter der Verwaltung haben ganz offensichtlich schon viele solcher Besuche absolviert – jeder Handgriff sitzt. Mit ganz viel Geduld und Empathie gehen sie auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Impflings ein, beruhigen, informieren und scherzen. Schrakamp impft, der Arzt kontrolliert die Anamnesebögen, Frey nimmt die Daten auf – die Zahlen gehen ans Robert-Koch-Institut (RKI). Impfpässe werden ausgefüllt, Impfbestätigungen ausgedruckt. Der Arzt beantwortet Fragen, die MFA beruhigt ängstliche Impflinge, und immer wieder wird kontrolliert, ob auch jede Impfung gut dokumentiert ist. Bei den letzten Impfaktionen ist der Stress nicht mehr so groß, das war im Winter 2021/22 noch ganz anders. „Da war die Anzahl der Interessenten noch riesig und wir mussten Menschen wieder nach Hause schicken“, erinnert sich das Team. 

Im Frühjahr 2022 war der Ansturm vorbei, die Anzahl der Mitarbeitenden konnte von teilweise 120 auf etwa 60 heruntergefahren werden. Zum Sommer hin war dann eher die nachlassende Nachfrage ein Problem, „da musste man auch mit Enttäuschung fertig werden“, erinnert sich Dielmann-Ackermann. Das Team dachte sich Aktionen aus, die die Impfakzeptanz erhöhen sollten, fuhr in einer großen Tour in jedes noch so winzige Dorf im Landkreis – und konnte so noch viele erreichen, gerade ältere Menschen. 

„Wir haben immer geschaut, wo und wie wir unsere Ressourcen am besten einbringen können“, sagen Lotz und Dielmann-Ackermann, „wir haben stets in kurzer Zeit auf geänderte Umstände reagiert.“ Es sei wichtig gewesen, durchgängig eine zuverlässige Anlaufstelle zu bieten und immer wieder zu versuchen, an die Menschen heranzukommen, die schwer für das Impfangebot zu erreichen sind. Die Hauptaufgabe dabei sei die Vorbereitung der Impfangebote gewesen, um Ängste und Vorurteile abzubauen – die Netzwerke mit den Multiplikatoren vor Ort, die dabei entstanden sind, sollen auch künftig genutzt werden. „Wir haben in der ganzen Zeit immer wieder improvisiert – und nie eine einzige Impfaktion absagen müssen“, das betont Oliver Lotz nicht ohne Stolz. 

Denn auch wenn die mobilen Impfteams in dieser Zusammensetzung Ende Dezember 2022 das letzte Mal unterwegs waren, so wird das Gesundheitsamt auch künftig in kleinerem Rahmen mobiles Impfen anbieten: Seit Anfang Januar gibt es ein kleines mobiles Impfteam, das nun komplett in der Hand des Gesundheitsamts ist und das weiterhin vulnerable Gruppen mit erschwertem Zugang zum Gesundheitssystem erreichen soll. Mit einem Arzt, zwei MFA und anderthalb Stellen für die Verwaltung soll es auch weiterhin helfen, eventuelle Versorgungslücken zu schließen. Geleitet wird es von Andrea Schroer, die auch schon die ärztliche Leitung des Impfzentrums innehatte. Für Fragen ist das Impfteam unter impfenmarburg-biedenkopfde und telefonisch unter 06421 405-4400 erreichbar. 

Außerdem findet jeden Freitag von 10 bis 12:30 Uhr eine öffentliche Impfaktion im Impfpunkt Mitte in Marburg („MEDI-LEARN“, Bahnhofstraße 24, Marburg) statt.

Claudia Dielmann-Ackermann von der ärztlichen Leitung der Impfteams und Oliver Lotz von den Johannitern planten und koordinierten die Einsätze der mobilen Impfteams im Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Juliane Schrakamp, medizinische Fachangestellte bei der Impfung einer Bewohnerin in einem Pflegeheim. Fachkenntnis und Einfühlungsvermögen gehörten bei der Arbeit der Impfteams fest zusammen.

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