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Pressemitteilung 106/2017

08.03.2017

Unterkünfte bekommen zusätzliche Unterstützung – Wahl von Flüchtlingssprechern macht Demokratie vor Ort erlebbar

Erster Kreisbeigeordneter Marian Zachow, Kirchhains Flüchtlingssprecher Munir Rahmani, Andreas Tauche von der Stabsstelle Ausländer, Migration und Flüchtlinge, Rainer Flohrschütz und Claus Schäfer von der Stabsstelle Büro für Integration im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Foto: Landkreis Marburg-Biedenkopf

Marburg-Biedenkopf – In Flüchtlingsunterkünften in Gladenbach, Gladenbach-Weidenhausen und Kirchhain sind vor kurzem Flüchtlingssprecher und eine Flüchtlingssprecherin gewählt worden. Demokratisch von den Bewohnern gewählt, dienen sie als Mittler zwischen ihnen, den Sozialarbeitern, Ehrenamtlichen und indirekt des Landkreises. Bei einem Treffen mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Marian Zachow und weiteren Mitarbeitern des Kreises berichtete ein Mitglied des Sprecherrates in Kirchhain, der zwanzigjährige Munir Rahmani aus Afghanistan, von seinen Erfahrungen. Mit dem Konzept der Flüchtlingsräte leistet der Landkreis Pionierarbeit.

Munir Rahmani kam vor 16 Monaten in den Landkreis und ist seit Oktober 2016 Sprecher der Flüchtlingsunterkunft in Kirchhain. Die Wahl der Sprecher wird in Unterkünften ab zwanzig Bewohnern durchgeführt. Sie sorgt bei den Bewohnern für ein direktes Erleben von Demokratie. Der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow fasst das Konzept in wenigen Begriffen zusammen: „Einüben, Einbringen, Einundzwanzig. Einüben im Sinne von Erlernen und Erleben einer demokratischen Wahl, Einbringen im Sinne der Mitbestimmung und Einundzwanzig nach Art einer lokalen Demokratie im 21. Jahrhundert, die durch eine breite Beteiligung eine Mitgestaltung des direkten Umfelds ermöglicht.“

Munir Rahmani galt schon vor seiner Wahl zum Flüchtlingssprecher bei seinen Mitbewohnern als hilfsbereit. Er hat ein offenes Ohr für ihre Probleme oder schlichtet Streit. Dabei geht es um Dinge des alltäglichen Zusammenlebens oder größere Hürden, wie das Warten auf den Status als anerkannte Flüchtlinge und der großen Angst, wieder abgeschoben zu werden. „Ich erzähle ihnen auch von den drei Schritten, die sie tun müssen, wenn sie in Deutschland bleiben möchten: die Sprache lernen, eine Ausbildung machen, einen Job suchen“, erzählt Rahmani. Die Sprecher arbeiten eng mit den zuständigen Sozialarbeitern zusammen, die die Erfahrungen und Lösungsansätze notieren, sodass daraus eine Arbeitsgrundlage für die Flüchtlingssprecher entstehen kann, die sich zukünftig regelmäßig auf Treffen austauschen möchten.

„Die Flüchtlingssprecher sind Sprachrohr, übernehmen Verantwortung, erleichtern die Arbeit der Sozialarbeiter, die nicht rund um die Uhr im Wohnheim zugegen sein können und sind eine Vertrauensperson für die Bewohner“ erklärt Andreas Tauche der Stabsstelle Ausländer und Migration. „Die Möglichkeit der Wahl hat auch etwas mit Würde zu tun.“ Die Sprecher werden alle sechs Monate neu gewählt, die Kürze der Wahlperiode ist einer grundsätzlichen Fluktuation der Bewohner und den häufigen Änderungen innerhalb der Flüchtlingspolitik geschuldet.

Die derzeitigen Flüchtlingssprecher der Gladenbacher Kernstadt kommen aus Eritrea und Afghanistan, in Gladenbach-Weidenhausen (mit der bisher einzigen weiblichen Sprecherin) aus Pakistan, Äthiopien, Afghanistan und Syrien sowie in Kirchhain aus Afghanistan. Sprachbarrieren werden mit Englisch und Deutsch überwunden. „Mit dieser Mischung werden eine Miteinanderkultur und durch die Wahl ein Bewusstsein für Demokratie und Eigenverantwortung gefördert. An Munir Rahmani sieht man beispielhaft, wie das Konzept funktionieren kann“, bemerkte Zachow abschließend. Neue Wahlen sind im Frühjahr in Unterkünften in Stadtallendorf und Neustadt geplant.

Hintergrund: Die Flüchtlingssprecher können in den größeren Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises (ab 20 Personen) von allen volljährigen Bewohnerinnen und Bewohnern gewählt werden. Die Wahl findet in der Hausvollversammlung statt, sie ist schriftlich und geheim. Pro Unterkunft werden bis zu vier Sprecherinnen und Sprecher gewählt. Frauen und Männer sollten entsprechend ihrem Anteil an der Bewohnerstruktur beteiligt sein. Die Wahlperiode dauert sechs Monate, eine Wiederwahl ist zulässig.

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